«Ypsomed-CEO warnt vor Abschottungstendenzen»
13. Juni 2024, Handelszeitung, Tina Fischer
Simon Michel ist Nationalrat und Unternehmer. Er warnt vor möglichen Folgen der Europawahl wie Handelsbarrieren und erschwerte Marktzugänge.
Bild-Quelle: Paolo Dutto
Europa hat gewählt, das neue Parlament hat einen markanten Rechtsrutsch erlebt. Das birgt Zündstoff für Schweizer Unternehmen.
«Die Deglobalisierungs- und Abschottungstendenzen bereiten mir Sorgen», sagt der FDP-Nationalrat und Ypsomed-CEO Simon Michel. «Für Unternehmen macht es die Supply Chains aufwendiger und teurer, als Bürger bedaure ich die damit einhergehende abnehmende Toleranz und Offenheit.»
Protektionismus erschwert den Markt
Ergreift ein stärker rechtsorientiertes Frankreich protektionistische Massnahmen, erschwere das den Zugang zum französischen Markt ultimativ, so Michel. «Für die Schweiz, die stark vom Handel mit der EU abhängt, könnten solche Massnahmen zu weiteren und neuen Handelsbarrieren führen.»
Ein Albtraum für den Unternehmer. Seine Firma Ypsomed ist Weltmarktführerin für Injektionsgeräte, zu seinen Kundinnen und Kunden gehören die grössten Pharmakonzerne.
Als mögliche Lösung hofft Michel auf die Bilateralen. Dank Instrumenten wie MRA (MutualRecognition Agreements) unterstützen sie die Vermarktung von Industrieprodukten zwischen der Schweiz und der EU.
Jetzt aber steigerte sich das Risiko, dass EU-Mitgliedstaaten industriepolitische Massnahmen ergreifen, wie das Deutschland bei den Stahlimporten bereits macht. Hier hätte die Schweiz heute wenig Rechtsmittel, um sich zu wehren. Der WTO-Schiedsgerichtsweg bringe keine Abhilfe – «deshalb sind die bilateralen Verträge und die Weiterentwicklung so wichtig».
Freizügigkeitsabkommen in Gefahr
Dazu kommt die Diskussion rund um das Freizügigkeitsabkommen. Bei stärker rechtsorientierter Politik würden die Länder auf das Inlandpotenzial fokussieren und dadurch die Zu- und Abwanderung erschweren. Dabei sei «die Mehrheit der Wirtschaft für einen liberalen Arbeitsmarkt und unterstützt explizit die Freizügigkeit nach Schengen zwischen der Schweiz und der EU».
Gleichzeitig sehe er aber auch die Ängste von Bürgerinnen und Bürgern sowie Medienberichte über kriminelles Verhalten von Ausländern. Diese Ängste müsse die Politik adressieren, eine rechte Politik sei aber nicht die richtige Antwort: «Wir müssen liberal und frei bleiben, aber mit aller Härte gegen Verstösse vorgehen, seien sie von Schweizern oder von Ausländern.» Denn: Isolationistisches Verhalten beschneidet die für ihn wichtigsten Grundwerte Verantwortung, Ehrlichkeit und Offenheit.