«Simon Michel über sein erstes Jahr als Solothurner Nationalrat»
5. Februar 2025, Solothurner Zeitung, Andreas Hugi
Das Verhältnis der Schweiz zur EU stabil zu gestalten, ist ein zentrales Anliegen von Nationalrat Simon Michel. Er zeigt sich irritiert darüber, dass seine Haltung von manchen Mitbürgerinnen und Mitbürgern als Provokation oder gar Verrat der Landesinteressen empfunden wird.
In Bundesbern angekommen. Nationalrat Simon Michel vor dem Parlamentsgebäude.
Vor 15 Monaten hat mich die Solothurner Bevölkerung in den Nationalrat gewählt, und ich bin immer noch zutiefst dankbar für das Vertrauen, das mir entgegengebracht wurde. Vor gut einem Jahr bin ich also ins Bundeshaus eingezogen. Was für ein Gefühl, nun plötzlich auf einem der 200 Stühle im Nationalratssaal zu sitzen.
Meiner hat die Nummer 144, das ist neben Marcel Dobler aus St. Gallen und Neu-Nationalratskollege Heinz Theiler aus dem Kanton Schwyz. Ich muss zugeben, ich war etwas angespannt, als ich zum ersten Mal in den grossen Saal trat, zumal doch eine wichtige Aufgabe bevorstand: die Wahl eines neuen Bundesrates.
Jetzt, ein Jahr später, bin ich in Bundesbern angekommen. Ich verstehe mittlerweile die meisten Abläufe und habe viele Parlamentarierinnen und Parlamentarier kennengelernt. Mein Respekt für alle Kolleginnen und Kollegen im Rat ist seither gewachsen, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit. Denn ich spüre, dass wir alle mit unseren Ideen und Ideologien nur eines wollen: das Beste für unser Land. Das sieht aber natürlich für alle etwas unterschiedlich aus.
Ich bin mir bewusst, dass ich gewählt wurde und deshalb eine Verpflichtung habe. Wie viele wissen, liegen mir stabile Bundesfinanzen, eine moderne Verteidigungsarmee und ein stabiles Verhältnis zur EU sehr am Herzen. Ich bin kein EU-Fan. Aber weil unsere Unternehmen über die Hälfte des in der Schweiz erwirtschafteten Umsatzes mit dem Export ins Ausland erzielen, bin ich überzeugt, dass ein gutes und möglichst unkompliziertes Verhältnis zu unseren Nachbarn elementar ist.
Diese Meinung vertrete ich als Parlamentarier, als Unternehmer und als Bürger. Der bilaterale Weg ermöglicht genau das seit 1999. Wir sind weder Mitglied der EU noch des EWR noch ein Drittstaat, aber ein Partner, der von den vielen Vorzügen des grössten Binnenmarktes der Welt profitieren kann, ohne Teil der Union sein zu müssen. Ein von Brüssel akzeptierter Sonderweg, und diesen sollten wir nicht verspielen.
Ich bedaure, dass einige Bürgerinnen und Bürger meine Haltung immer wieder als Provokation empfinden. Das äussern sie in Kommentaren auf sozialen Medien, in E-Mails oder Briefen. Das betrübt mich, denn es liegt mir fern, jemanden zu brüskieren. Aber ich verstehe wirklich nicht, wie neue Verträge mit der EU heute schon abgelehnt werden können, obschon diese erst im Juni der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Sie schreiben, dass ich unser Land nicht der EU unterwerfen solle und dass wir keine fremden Richter bräuchten. Und genau das tue ich auf die Weise, die mir richtig scheint. In einer geopolitisch äusserst angespannten Lage, in einer Zeit, in welcher wieder Mauern gebaut werden, ist es umso wichtiger, mit den Nachbarn gut und eng zusammenzuarbeiten. Ich verstehe meine Aufgabe wie die eines Vaters, der mit bestem Wissen und Gewissen versucht, die richtigen Entscheidungen für seine Kinder zu treffen – auch wenn diese nicht immer auf den ersten Blick allen gefallen.
Da ich mich mit dem Thema Schweiz-EU schon seit Jahren auseinandersetze, möchte ich Sie zum Dialog einladen. Schicken Sie mir Ihre Fragen, Ihre Inputs und konstruktive Kritik. Ich bin gerne bereit, diese aufzunehmen. Ich verspreche Ihnen, dass ich jedes Schreiben beantworten werde, welches auf anständige Weise verfasst wurde. Und ich werde weiterhin im Sinne der Menschen, unseres Kantons und unserer einzigartigen Schweiz mein Bestes geben.
Ich bin dankbar, dass Sie mich dazu ermutigt haben. Meine EMail- Adresse lautet: simon.michel@parl.ch.